Chapter 10 - Gebrochene Siegel und rosa Blüten
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Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als sich Cyril am nächsten Morgen auf den Weg zum Schulgarten macht. Isabell hatte ihm gestern gesagt, dass er Garten erscheinen soll bevor noch der Unterricht beginnt, jedoch hat sie keine genaue Zeit genannt. Cyril begibt sich lieber möglich früh dorthin; Ihm ist es egal, ob er die erste Vorlesung verpassen könnten, aber er möchte dennoch die Sache schnell hinter sich bringen.

Ob er wirklich den maskierten Mann treffen wird?

Isabell könnte man mit ihrem Verhalten definitiv als Sonderling bezeichnen, aber sie scheint eine ehrliche Person zu sein. Sie wird ihn wohl kaum in eine Falle locken. Warum sollte man auch einem normalen, unbedeutenden Studenten wie Cyril eine Falle stellen wollen?

Was ihn aber noch ein wenig mehr interessiert als der maskierte Mann, ist das Gefühl, dass Isabell in ihm auslöst. Er hat sich nicht in sie verknallt oder irgendwas in der Richtung, aber die Studentin wirkt irgendwie vertraut, wie eine alte Freundin - Dabei hat Cyril sie gestern zum ersten Mal getroffen. An wen erinnert sie ihn nur?

Der Schulgarten scheint menschenleer zu sein. Es fühlt sich irgendwie falsch an sich zu so einer frühen Uhrzeit schon in einer Schuleinrichtung zu befinden. Cyril lässt seinen Blick über den Garten schweifen: Die Stille und die kühle Morgenluft fühlen sich unglaublich gut an. Es ist einer dieser Momenten, die man nicht so ganz mit Worten beschreiben kann. Diese harmonische Atmosphäre kann man einfach nur am eigenen Leib erleben, um dieses Gefühl zu verstehen.

“Es ist früh. Die Uhrzeit. Du bist früh dran, Cyril.”

Cyril erkennt die Stimme der blauhaarigen Dame sofort.

“Morgen Isabell, ich-”

Er hält inne, als er Isabells Begleitung sieht: Ein Student mit müdem Gesichtsausdruck. Mit seinen Händen in der Hosentasche ähnelt seine Körperhaltung ein wenig der von Cyril. Seine langen schwarzen Haare hängen schlapp von seinem Kopf hinunter und verdecken dabei sein rechtes Auge.

Ist das die wahre Gestalt des maskierten Mannes? Einem möglichen Mitglied von Penumbra?

Sein Körper wirkt dünn, fast schon mager, aber das muss nichts heißen. Den größten Teil der Kampfkraft macht die Technik aus. Wenn dieser Typ was drauf hat, könnte er es, trotz seines Körperbau, mit Cyril aufnehmen.

Cyril streckt dem Schüler die Hand zum Gruß entgegen:

“Yo! Ich bin Cyril und du bist?”

Der schwarzhaarige Student fasst sich in die Haare und seufzt verzweifelt.

“Mann ey… Egal wie oft ich das mache. Es fühlt sich immer so komisch an…”

“Das spielt keine Rolle, Kagen.” Erwidert Isabell, “Erfülle sie. Deine Abmachung.”

“Ja, ja, geht klar. Immerhin habt ihr mich dafür bezahlt.”

Cyril ist verwirrt.

Bezahlt? Hat Isabell ihm etwa Geld gegen, damit der Typ Cyril trifft? Aber wen meint er mit “ihr”?

“H-hey, Kagen, richtig? Ich weiß nicht, ob ich das hier so sagen darf, aber du bist der Typ, oder?”

“Der Typ?” Kagen guckt überrascht, bis er wieder ein Seufzen von sich gibt:

“Ah, verstehe. Der maskierte Mann, ja?” Er guckt hinüber zu Isabell:

“Hast du ihn damit hierher gelockt? Ey, ich meine, dass geht mich nichts an, aber ich versteh’ echt nicht was euer Plan ist.”

‘Hierher gelockt’? ‘Euer Plan’?

“W-wartet!” Cyril macht einen Schritt zurück, “Er ist doch der maskierte Mann, oder? Du hast gesagt, dass ich ihn hier treffen werde, Isabell.”

Isabell starrt Cyril ausdruckslos an.

Ist das alles wirklich eine Falle? Aber warum? Wozu?

“Keine Sorge. Du wirst ihn treffen, aber es wird unangenehm. Der Prozess, um ihn treffen zu können.”

Kagen scheint selbst überrascht zu sein.

“Echt, ey? Du weißt, wer dieser Maskentyp ist?”

“Ja, aber du wirst zuerst unseren Deal erfüllen und dann verlässt du ihn. Den Schulgarten.”

Der schwarzhaarige Student seufzt zum dritten mal:

“Ey… Ich mach ja schon, aber ich hätte den maskierten Mann auch gerne getroffen.”

Sein Blick fällt auf Cyril:

“Sorry Mulligan, aber das könnte jetzt etwas wehtun.”

“Wa-”

Bevor Cyril reagieren kann, stürzt sich Kagen schon auf ihn.

“Argh!”

Kagen hält Cyrils Kopf mit beiden Händen fest und drückt seine Daumen gegen die Schläfen seines Gegenübers. Sein Griff und Druck mit den Daumen ist so fest, dass Cyril vor Schmerz aufschreit.

“Scheiße… Es war eine Falle!” Er blickt zu Isabell; Selbst in diesem Moment des Verrats bleibt ihre Mimik regungslos. Keine Emotion scheint auch nur einen Moment an ihrem Gesicht vorbeizuziehen.

Cyril packt mit beiden Händen Kagens Handgelenke.

“Ey, Mulligen. Ganz ruhig.” Antwortet Kagen nervös, “Ich mach’s schnell, ja?”

Er schaut Cyril tief in die Augen. Es scheint so, als würde Kagen ihn mit seinem Blick paralysieren. Er kann nicht die Kraft aufbringen, um ihn von sich zu stoßen.

Irgendwas stimmt nicht. Ich fühle mich kraftlos.

Der Druck gegen seine Schläfen wird so stark, dass Cyril das Gefühl hat, dass er ohnmächtig wird.

“W-warte- Benutzt du… eine Lacrima?”

Kagen reagiert nicht, sondern spricht stattdessen die Worte aus, die Cyril Vermutung dennoch bestätigen:

“「 ATHAZAGORAPHOBIA 」”

Es ist eine Lacrima.

Kagen setzt sie gerade gegen ihn ein.

Cyril wird schwarz vor Augen, doch bevor sein Bewusstsein vollständig verschwindet, erinnert er sich noch an die Worte, die Isabell letzten Abend gesagt hatte:

“Hortensien. Ihre Gestalt ist nur eine Täuschung. Eine Farce. Komisch, oder?”

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